Anfang dieser Woche konnte man es in allen Zeitungen lesen: Uli Hoeneß wird Ende Februar vorzeitig aus der Haft entlassen, nachdem ihm bereits seit Anfang 2015 Freigang gewährt wurde. Der Sturm der Entrüstung in den sozialen Netzwerken ließ auch dieses Mal nicht lange auf sich warten: Vielfach war die Rede von einem „Promibonus“ für den Fußballfunktionär. Was es mit Vollzugslockerungen und der vorzeitigen Entlassung auf sich hat, möchte ich kurz erläutern.
Eine Haftstrafe kann in verschiedenen Weisen vollzogen werden: Häufig ist hier von einem Nord-Süd-Gefälle die Rede. Während ein Ersttäter in Hamburg oder Berlin seine Strafe regelmäßig im offenen Vollzug verbringt, ist im Süden – insbesondere in Bayern – der geschlossene Vollzug die Regel. Befindet sich der Gefangene, so wie Herr Hoeneß, im geschlossenen Vollzug, kann der Vollzug „gelockert“ werden. Die Gefangenen dürfen dann einer Beschäftigung außerhalb der Anstalt nachgehen oder die Anstalt zu bestimmten Zeiten verlassen. Ein „Promibonus“ war für den Freigang für Herrn Hoeneß wohl kaum ausschlaggebend. Viel wahrscheinlicher ist, dass er einfach die Voraussetzungen (z.B., dass bei ihm keine Fluchtgefahr vorlag) erfüllte.
Für eine vorzeitige Entlassung gibt es zwei Maßstäbe: die „Zweidrittelstrafe“ und die „Halbstrafe“.
„Zweidrittelstrafe“ bedeutet, dass der Verurteilte, wenn er zwei Drittel der verhängten Freiheitsstrafe verbüßt hat, aus der Haft entlassen wird. Dies ist die Regel, keine Ausnahme. Eine Freilassung kommt z.B. dann ausnahmsweise aber nicht in Betracht, wenn von dem Gefangenen eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht.
Die „Halbstrafe“ stellt hingegen schon eine Ausnahme dar: nach der Hälfte der Freiheitsstrafe kann der Gefangene nur entlassen werden, wenn
- er mindestens sechs Monate der Haft verbüßt hat
- dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann
- der Verurteilte einwilligt
- der Verurteilte erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese nicht höher ist als zwei Jahre (wegen der Verurteilung zu 3 Jahren und 6 Monaten im Fall Hoeneß nicht erfüllt) oder die Gesamtwürdigung von Tat, der Persönlichkeit des Verurteilten und seiner Entwicklung während der Haft ergibt, dass besondere Umstände vorliegen.
Das Landgericht Augsburg geht also davon aus, dass bei Herrn Hoeneß besondere Umstände vorliegen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, kann nur beurteilen, wer die Verfahrensakte kennt und weiß, wie sich der Verurteilte während der Haft verhalten hat.
Wie ist es nun hier mit dem „Promibonus“? Bemerkenswert ist jedenfalls, dass die Halbstrafe in Bayern nur äußerst selten angewandt wird. Aus Sicht eines Strafverteidigers ist die Entscheidung des Landgerichts Augsburg positiv zu bewerten. Sie zeigt, dass es sich bei guten Argumenten auch in Bayern lohnen kann, angeblich aussichtslose Anträge zu stellen. Ob dies im Einzelfall sinnvoll ist, muss allerdings sorgfältig geprüft werden.
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